Kardinal Rainer Maria Woelki (Erzbischof von Köln) hat wohl immer noch kein besseres Argument gegen die Weihe von Frauen. In einem Interview mit der Katholischen Nachrichtenagentur (KNA) sagte er:
Er [Jesus] hat in seinen Zwölfer-Kreis ausschließlich die berufen, die er berufen wollte, frei und unabhängig. Und das waren nun eben diese 12 Apostel und unter ihnen waren keine Frauen. Auch in der Folgezeit hat sich nichts daran geändert, dass nur Männer zu Bischöfen und Priestern geweiht wurden.
Sehr geehrter Herr Woelki,
dieses uralte Argument wird nicht besser, indem man es ständig wiederholt. Im Gegenteil: Es ist so einfach zu widerlegen, dass es denjenigen, die es immer wieder aufs Tapet bringen, eigentlich peinlich sein müsste.
Denn nach dieser Logik könnte die Kirche auch lehren:
- Dass die Priester- oder Bischofsweihe nur erhalten kann, wer Jude ist.
Denn Jesus (selbst Zeit seines Lebens Jude) hat ausschließlich Juden in den engeren Kreis seiner Jünger aufgenommen. Er hätte schließlich – frei und abhängig – auch Jünger aus anderen Kulturkreisen und Religionen auswählen können. - Dass die Nachfolger der zwölf Apostel Bärte tragen müssen.
Denn alle zwölf trugen Bärte; nach dem kultischen Gesetz (3. Mose 27) war den Juden das Rasieren und Haareschneiden verboten. - Dass nur Männer aus Palästina geweiht werden können.
Jerusalem war zu Zeiten Jesu ein Treffpunkt für Menschen unterschiedlichster Herkunft (siehe Apg 2,8ff). Dass Jesus trotzdem die Zwölf ausschließlich aus Menschen seiner Heimat zusammenstellte, war dann doch sicher Absicht. Oder? - Dass eine theologische Ausbildung unerheblich für ein Weiheamt ist.
Schließlich war nur einer der Zwölf – Bartholomäus – ein Schriftgelehrter oder Schriftgelehrtenschüler. Und selbst das ist nicht gesichert. (Andere hatten zuvor als Fischer oder Zolleintreiber gearbeitet.) Wenn Jesus theologische Bildung wichtig gewesen wäre, hätte er seine Jünger auch bei den Pharisäern, Schriftgelehrten oder Rabbinern suchen können. - Dass nichts gegen verheiratete Priester und Bischöfe spricht.
Schließlich war zumindest Simon Petrus verheiratet. Jesus machte ihn (jedenfalls nach römisch-katholischer Lehre) sogar zum Oberhaupt der Kirche. Wenn Jesus die Ehelosigkeit der Priester wichtig gewesen wäre, hätte er Simon Petrus sicher nicht in den Kreis der Zwölf aufgenommen. - Dass es maximal zwölf Priester / Bischöfe geben soll.
Denn Jesus hat – mit Bezug auf die Zwölf Stämme Israels – genau zwölf Menschen in den engsten Kreis der Jünger berufen. Nach dem Tod von Judas Ischariot haben die Apostel nur noch einen weiteren Jünger aufgenommen; ihnen war die von Jesus vorgegebene Zahl Zwölf offensichtlich wichtig.
Sie werden natürlich einwenden, dass das völlig andere Dinge seien.
Dann erklären Sie doch bitte, warum der Chromosomensatz eines Menschen für die Weihefähigkeit bestimmend sein soll, Körperbehaarung und Geburtsort aber nicht.
Interessant sind auch noch folgende Aspekte, die gerne übersehen werden:
- Jesus hat niemanden geweiht. Er hat kein Bischofs‑, Priester- oder Diakonatsamt gegründet und sich auch nicht zu diesen Ämtern geäußert.
Diese Weihen und Ämter sind also rein menschlichen Ursprungs. - Jesus hat nichts gesagt oder getan, aus dem man schließen könnte, dass er beabsichtigte, aus der Gruppe der Zwölf eine dauerhafte Einrichtung oder ein Amt werden zu lassen.
Das gilt auch für die „Petrus-Berufung“ (Mt 16,18): Jesus sprach immer nur direkt mit und über Simon Petrus; es gibt keinen Hinweis darauf, dass Jesus auch eine unendliche Reihe von Nachfolgern meinte oder ein Papstamt begründen wollte. - Angesichts der Tatsache, dass die zwölf Apostel die Vorgänger aller Priester, Bischöfe und Päpste sein sollen, ist es überraschend, wie wenig Jesus und die Autoren des Neuen Testaments über sie zu sagen haben.
Die Evangelisten sind sich nicht einmal über die Namen der Zwölf einig. Bis auf einige Ausnahmen ist wenig Gesichertes über Herkunft, Beruf, Berufung oder Tod bekannt. Bei den Evangelisten Matthäus und Markus taucht der Begriff „Apostel“ nur ein einziges Mal auf; Johannes kennt den Begriff gar nicht.
(Siehe auch https://de.wikipedia.org/wiki/Apostel)
Sie sagten im Interview:
So denke ich, müssen wir auch akzeptieren, dass die Kirche in dieser Frage an den Willen Jesu gebunden ist, der sich in Schrift und Überlieferung offenbart.
Wie Sie angesichts dieser dünnen „Faktenlage“ im Zusammenhang mit den Weiheämtern so genau den Willen Jesu erkennen wollen, ist mir schleierhaft.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Kegebein