Kardinal Gerhard Ludwig Müller (71) ätzt in ungewöhnlich scharfer Form gegen die beiden im Herbst beginnenden kirchlichen Reformprozesse. In einem Beitrag, der der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vorliegt, schreibt der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation: „Der sogenannte synodale Weg des kirchlichen Establishments in Deutschland zielt auf eine weitere Verweltlichung der Kirche.“
https://www.kirche-und-leben.de/artikel/kardinal-mueller-aetzt-gegen-kirchliche-reformprojekte/
Was ist gegen eine Verweltlichung der Kirche einzuwenden?
Vor wenigen Wochen feierten wir das Fest der Verweltlichung Gottes (auch bekannt als Weihnachten): Gott ließ sich herab, Mensch zu werden und in der Welt zu leben – von der armseligen Geburt in einem Stall bis zur Hinrichtung am Kreuz. Auch zwischendurch war Jesus immer ganz dicht an der Welt: Die Evangelien erzählen, dass er wenig Zeit im Tempel – dem Ort des Göttlichen – verbrachte (außer um den Pharisäern und Schriftgelehrten die Leviten zu lesen oder die Geldwechsler zu vertreiben). Stattdessen freundete er sich mit Zöllnern, Prostituierten, Bettlern und Aussätzigen an. Und anders als Johannes der Täufer, der kein Brot aß und keinen Wein trank (Lk 7,33), führte Jesus mit seinen Freunden ein derart verweltlichtes Leben, dass die Leute über ihn sagten: „Siehe, ein Fresser und Säufer, ein Freund der Zöllner und Sünder!“ (Lk 7,34)
Auch Papst Franziskus befürwortet die Verweltlichung der Kirche:
Mir ist eine ‚verbeulte‘ Kirche, die verletzt und beschmutzt ist, weil sie auf die Straßen hinausgegangen ist, lieber als eine Kirche, die aufgrund ihrer Verschlossenheit und ihrer Bequemlichkeit, sich an die eigenen Sicherheiten zu klammern, krank ist.
Evangelii gaudium
Noch etwas stört mich an der Aussage Müllers: Er bezeichnet die liberalen Kräfte hinter dem Synodalen Prozess als „kirchliches Establishment“. Laut Duden bezeichnet der Begriff „Establishment“:
- Oberschicht der politisch, wirtschaftlich oder gesellschaftlich einflussreichen Personen
- etablierte bürgerliche Gesellschaft, die auf Erhaltung des Status quo bedacht ist
„Oberschicht“? „Erhaltung des Status quo“?
Beide Definitionen passen nicht zum ZdK, zu Maria 2.0, zu Wir sind Kirche oder anderen reformorientierten Gruppierungen oder Personen. Die sind ja in der kirchlichen Hierarchie eben nicht einflussreich – ganz im Gegensatz zu Kardinal Müller, Kardinal Woelki, Bischof Voderholzer usw.
Und sind es nicht genau diese Bischöfe, die „auf Erhaltung des Status quo bedacht“ sind?