Traditionis custodes: Ein Pastor will sich nicht gängeln lassen

Als Papst Fran­zis­kus am 16. Juli 2021 im Motu pro­prioTra­di­tio­nis cus­to­des“ die Fei­er der Eucha­ris­tie in der „Alten Mess­ord­nung“ (auch „Triden­ti­ni­sche Mes­se“ genannt) ein­schränk­te, bege­grün­de­te er das u.a. damit, die Alte Mes­se sei…

… dazu ver­wen­det wor­den, die Abstän­de zu ver­grö­ßern, die Unter­schie­de zu ver­här­ten, Gegen­sät­ze auf­zu­bau­en, wel­che die Kir­che ver­let­zen und sie in ihrem Weg hem­men, indem sie sie der Gefahr der Spal­tung aussetzen.

Brief des Hei­li­gen Vaters Fran­zis­kus an die Bischö­fe der Welt zur Vor­stel­lung des Motu Pro­prio
„Tra­di­tio­nis Cus­to­des“ über den Gebrauch der römi­schen Lit­ur­gie vor der Reform von 1970, 16. Juli 2021


Unter­schie­de ver­här­ten, Gegen­sät­ze auf­bau­en, die Kir­che der Gefahr der Spal­tung aussetzen

Wie recht er mit die­ser Befürch­tung hat­te, bewies weni­ge Tage spä­ter ein Ham­bur­ger Pries­ter, der an jedem Sonn- und Fei­er­tag die Eucha­ris­tie im „außer­or­dent­li­chen“ Ritus fei­ert und dar­über hin­aus sehr rege ist, für die­se Mess­form von 1570 zu wer­ben. In sei­nem News­let­ter schrieb er (Her­vor­he­bun­gen durch mich):
  

Von: Pas­tor .….….…. <.…. @ .….….….…>
Datum: 19. Juli 2021 um 20:39:06 MESZ
Betreff: Wie geht es mit der Alten Mes­se weiter?

 

Ver­ehr­te Gläu­bi­ge!

Die­je­ni­gen, die mir auf Insta­gram fol­gen (@.….….….….…) oder den Tele­gram­ka­nal abon­niert haben (.….….….…..) hat­ten schon erfah­ren, daß ich am Frei­tag in mei­ne Hei­mat ins Rhein­land gefah­ren bin, da auch die Immo­bi­li­en mei­ner Eltern an der Ahr von der Flut­ka­ta­stro­phe betrof­fen sind. Die Ein­drü­cke, die sich mir im Kata­stro­phen­ge­biet auf­dräng­ten, waren sehr stark und wir­ken immer noch nach. Aber mei­nen Eltern geht es gut, und mate­ri­el­ler Scha­den kann ersetzt wer­den.

Nun bin ich seit ges­tern abend wie­der in Ham­burg und rea­li­sie­re erst heu­te so lang­sam, was für eine wei­te­re Kata­stro­phe am letz­ten Frei­tag über uns gekom­men ist. Ich kann jetzt noch nicht sagen, wie es mit der Alten Mes­se im Erz­bis­tum Ham­burg wei­ter­geht. Schon die Coro­na­zeit hat uns alle bis heu­te an den Rand der Ver­zweif­lung gebracht – mehr viel­leicht noch das Bis­tum und die Pfar­rei­en mit Ihren rigi­den und teil­wei­se lächer­li­chen Coro­na­ein­schrän­kun­gen.

Mir gehen aktu­ell vie­le Gedan­ken durch den Kopf, auch kri­ti­sche Refle­xio­nen, ob ich in den letz­ten Jah­ren wirk­lich genü­gend für die Aus­brei­tung und die Sta­bi­li­sie­rung der katho­li­schen Tra­di­ti­on geleis­tet habe.

Ich bin von Anfang August bis Mit­te Sep­tem­ber im Urlaub und will die Zeit nut­zen, alle die­se Fra­gen zu ord­nen und Lösungs­an­sät­ze zu fin­den. Nach mei­nem Urlaub könn­te ich mir vor­stel­len, viel­leicht über eine «Online-Gemein­de­ver­samm­lung», mit Ihnen ins Gespräch zu kom­men und zu schau­en, was wir machen.

Die Lage durch das neue Motu pro­prio ist fol­gen­de:
Für alle Meß­stand­or­te im Bis­tum (HH-Osdorf, Kiel, Bad Schwar­tau) benö­tigt der Pries­ter eine Zele­bra­ti­ons­er­laub­nis des Bischofs. Wäh­rend ich mir vor­stel­len kann, für St. Bru­der Kon­rad gnä­dig eine posi­ti­ve Ant­wort zu erhal­ten, schließ­lich ist es dort ein vom Bis­tum ein­ge­rich­te­ter Meß­stand­ort, sehe ich für Kiel und viel­leicht auch Bad Schwar­tau eher schwarz. Ich weiß es aber natür­lich nicht.

Im Moment, bei hoch­ko­chen­den Gefüh­len und einer teil­wei­se depri­mier­ten Stim­mung, bin ich eher dage­gen, mich wei­ter vom Bis­tum gän­geln zu las­sen.

Nach mei­ner Ein­schät­zung ist die­ses letz­te Motu pro­prio der ers­te Schritt, mit wei­te­ren lit­ur­gi­schen Ver­fäl­schun­gen den Alten Ritus so zu ver­bie­gen, bis er am Ende über­haupt nicht mehr erkannt wer­den kann und neu­tra­li­siert ist. Die aktu­el­le Vor­schrift, im MR 1962 die bei­den Lesun­gen in der Lan­des­spra­che nach der Über­set­zung des neu­en Lek­tio­nars vor­zu­tra­gen, ist ein ers­ter Vor­stoß in die­se Rich­tung (Wobei unklar bleibt, ob ein zuerst gesun­ge­ner lat. Vor­trag aus dem Mis­sa­le dem wider­sprä­che).

Daher muß ich Sie auf Mit­te bis Ende Sep­tem­ber ver­trös­ten, bis ich nähe­res sagen kann.

Bis dahin: Wenn Sie mit mir über das Pro­blem, Ihre Ängs­te und Sor­gen etc. spre­chen möch­ten, dann kön­nen Sie mich ger­ne anru­fen (viel­leicht am bes­ten mit einem ver­ein­bar­ten Tele­fon­ter­min). Ich wer­de mich nicht wei­ter schrift­lich zur Lage äußern, sei es per E‑Mail, social media oder Mes­sen­ger wie Tele­gram. Bit­te rufen Sie mich an.

Eine ers­te Kon­se­quenz:
Die­sen News­let­ter wird es so nicht mehr geben. Schon seit Coro­na wur­de der Infor­ma­ti­ons­fluß logi­scher­wei­se immer dün­ner. Ich ken­ne vie­le Abon­nen­ten des News­let­ter­ver­tei­lers nicht.

Daher:
Ich lege einen neu­en E‑Mailverteiler an, über den aus­schließ­lich (also nicht auch über Tele­gram etc.) wich­ti­ge aktu­el­le Infor­ma­tio­nen an die Anhän­ger des Alten Ritus im Erz­bis­tum Ham­burg wei­ter­ge­ge­ben wer­den. Neu­gie­ri­ge, Trol­le, Spin­ner und Spio­ne etc. haben dort kei­nen Platz, des­we­gen muß ich alle Abon­nen­ten ken­nen bzw. ken­nen­ler­nen.

Bit­te schrei­ben Sie alle mich per E‑Mail (.…. @ .….….….…) an, hin­ter­las­sen Ihren Vor- und Nach­na­men, Ihre Adres­se und Tele­fon­num­mer (evtl. rufe ich Sie zur Kon­trol­le an, da ich lei­der ein furcht­bar schlech­tes Namens- und Gesichts­ge­dächt­nis habe …), dann füge ich Sie dem neu­en E‑Mailverteiler bei. Jetzt gilt es, die Rei­hen zu schlie­ßen und Feind vom Freund zu tren­nen!

Und: Blei­ben Sie in der Gna­de Got­tes, bit­ten Sie Ihn und die Got­tes­mut­ter um Bei­stand und Hil­fe und beten Sie auch für unse­re Ver­fol­ger.

Mit pries­ter­li­chem Segens­gruß
Ihr Pas­tor .….….….


Ich frag­te in mei­nem Erz­bis­tum an:

Ich fin­de es (vor­sich­tig aus­ge­drückt) „ver­stö­rend“, dass ein akti­ver römisch-katho­li­scher Geist­li­cher im Dienst und Sold des Erzbistums …

… Coro­na-Schutz­maß­nah­men des Erz­bis­tums als lächer­lich bezeichnet,

Tra­di­tio­nis cus­to­des als wei­te­re Kata­stro­phe (im Rang einer Pan­de­mie und einer Flut­ka­ta­stro­phe) bezeichnet,

… die­je­ni­gen, die für das Motu pro­prio ver­ant­wort­lich sind bzw. es unter­stüt­zen,
als Trol­le, Spin­ner, Spio­ne, Fein­de oder Ver­fol­ger bezeich­net.
 

Wie ste­hen Sie zu sol­chen Aus­sa­gen von .….….….?
Was sagt das Erz­bis­tum bzw. das Gene­ral­vi­ka­ri­at dazu?

Aber zum News­let­ter woll­te man sich par­tout nicht äußern; man müs­se zunächst mit dem Pries­ter spre­chen. (War­um ist das nötig? Das Schrei­ben ist doch aus­sa­ge­kräf­tig genug, um es auch ohne Rück­spra­che mit dem Autoren bewer­ten zu können!)

Es brauch­te noch zehn Wochen und meh­re­re Nach­fra­gen, um schließ­lich doch noch eine Aus­sa­ge aus dem Erz­bis­tum her­aus­zu­kit­zeln: Der Lei­ter der Per­so­nal­ab­tei­lung gab dann immer­hin zu:

Selbst­ver­ständ­lich tei­le ich die geäu­ßer­te Mei­nung von Pas­tor .….. nicht.

Mehr dür­fe er aus „daten­recht­li­chen“ Grün­den (was immer das auch sein soll) nicht sagen.

Der direk­te Vor­ge­setz­te des Pas­tors – der Pfar­rer des Pas­to­ra­len Raums – hat­te noch weni­ger einzuwenden: 

Der Begriff “Kata­stro­phe” kann durch­aus ambi­va­lent gebraucht wer­den; ich sehe dar­in kei­ne Ab- oder Auf­wer­tung. Da nie­mand nament­lich ein “Spin­ner” genannt wird, braucht sich auch nie­mand per­sön­lich ange­spro­chen zu fühlen


Natür­lich ist die­se Ange­le­gen­heit nicht mit sexu­el­lem Miss­brauch durch Geist­li­che zu ver­glei­chen. Die Reak­ti­on der Kir­che erin­nert mich aber stark an den Umgang mit Miss­brauchs­vor­wür­fen: Um jeden Preis alles ver­mei­den, was einen Pries­ter im schlech­ten Licht erschei­nen las­sen könn­te! Die Kir­che scheint nicht viel gelernt zu haben…

Oli­ver Dembski

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